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Ein kleines Sägewerk muss sich behaupten
1907 wurde das Sägewerk Silberbauer, damals noch als Sägewerk Traurig, von Johann Traurig gegründet und ist heute eines der letzten noch betriebenen Sägewerke im Lamer Winkel. Rita Silberbauer, Enkelin des Gründers und heutige Besitzerin, erzählt von der Geschichte ihres Sägewerks. Eine Geschichte über Emanzipation und Solidarität, Durchhaltevermögen und Leidenschaft für Holz.
Wir sind von Anfang an Mitglied der Ökoregion Arrach-Lam-Lohberg, seit 1992, als der Holzverbund gegründet wurde. Da gab es noch mehrere Sägewerke im Umkreis, die hatten alle einen Platz am Regen. 13 waren das damals.
Warum es die anderen nicht mehr gibt? Das waren sehr kleine Sägewerke, so wie wir. Aber die Großsäger bestimmen die Preise. Denn je größer das Sägewerk, desto geringer die Schnittkosten, da läuft Vieles maschineller ab. In Kleineren aber muss das Holz vom Rundholzplatz bis zur Trockenkammer etliche Male angefasst werden. Das ist teuer. Für das Endprodukt wird aber auch kein anderer Preis bezahlt.
Dabei sind gerade die kleinen Sägewerke so wichtig! Du möchtest ja in deinem eigenen, ganz individuellen Haus wohnen. Also zeigt dir der Holzhausbauer das Holz bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem es noch im Wald steht und die Vögel herum zwitschern, und er sagt: „Das wird dein Schlafzimmer.“ Die Garantie dafür, dass dein Holzhaus dann auch wirklich aus genau diesen Bäumen gebaut wird, kann dir nur ein kleines Sägewerk geben. Einem Großsäger ist das nicht möglich, weil er von vielen verschiedenen Waldbauernvereinigungen Holz bezieht, alles auf einen Haufen wirft und nicht mehr weiß, welches Holz nun für dein Schlafzimmer bestimmt war.
Dabei sind gerade die kleinen Sägewerke so wichtig! Du möchtest ja in deinem eigenen, ganz individuellen Haus wohnen.
Dass man so einen Betrieb erhalten muss, wusste wahrscheinlich auch meine Mutter. Die Arbeit im Sägewerk war ihr Leben. Als sie meinen Vater, kurz nachdem er 1945 aus dem Krieg heimgekehrt war, heiratete, stand es gar nicht gut um sein Sägewerk. Es war verschuldet, der Gerichtsvollzieher war sogar schon da. Noch heute klebt am Wohnzimmerschrank der Kuckuck. Mein Vater verstarb 1969, ich war drei Jahre alt. Da musste sich Mama erstmal zurechtfinden in dieser Männerdomäne. Das war nicht leicht. Schließlich kam sie aus einem ganz anderen Metier, zuvor war sie Sekretärin im Krankenhaus. Die angestellten Säger kannten Mama damals noch nicht als Chefin, sie war halt die Frau vom Chef, die aus Engelshütt kam, einem drei Kilometer entfernten Lamer Ortsteil.
Sie waren skeptisch, ob das Geschäft mit Mama als Frau an der Spitze überhaupt eine Zukunft haben würde. Dennoch hielten sie das Sägewerk zusammen, arbeiteten für meine Mutter, die selbst Hand anlegte, als wäre sie einer von ihnen, und hielten ihr die Stange. Sie blieben teils 50, 60 Jahre im Betrieb. Auch die Bauern aus der Region stärkten ihr den Rücken. Es war damals, gerade wegen der starken Konkurrenz der anderen zwölf Sägewerke im Umkreis, schwierig, überhaupt Bäume zu bekommen. Trotzdem lieferten ihr einige Forstwirte Holz, das sie erst dann bezahlen musste, wann immer sie dazu in der Lage war. So hat sie durchgehalten. Danach hatten wir eine gute Zeit.
Da musste sich Mama erstmal zurechtfinden in dieser Männerdomäne. Das war nicht leicht. Schließlich kam sie aus einem ganz anderen Metier, zuvor war sie Sekretärin im Krankenhaus.
Und jetzt bin ich da. Meine beiden älteren Schwestern hatten schon weggeheiratet, da blieb nur noch ich übrig, um das Sägewerk zu übernehmen. Für Mama war das klar. Und für mich? Ich wollte Floristin werden. Oder in einer Tierarztpraxis arbeiten. Doch Mama trug mir ein anderes Leben auf. Ich arrangierte mich damit. Ob das gut war? Vielleicht gäbe es unser Sägewerk nicht mehr, wenn ich ausgebrochen wäre aus meiner vorgefertigten Schablone. Vielleicht war es gut, mich meinem Schicksal hinzugeben. Vielleicht ist genau das meine Stärke: Entscheidungen einfach anzunehmen. Sie nicht selbst zu treffen. Die Entscheidungsfällung anderen zu überlassen. Und mich damit zurechtzufinden. Für mich gab es nur die eine Möglichkeit: das Sägewerk. Damit bin ich heute voll zufrieden. Ich könnte es mir nicht anders vorstellen. Ich mag das Geschäft mit Holz total gerne und gehöre hierher.
Dann kam der Helmut. Er war zwar kein Säger, wusste aber, was auf ihn zukommen würde. Er war gelernter Elektromechaniker, kannte sich also im Technischen aus. 1992 übernahmen wir gemeinsam den Betrieb und tauften ihn um in Holz Silberbauer, mein neuer Nachname, den ich Helmut zu verdanken habe. Helmut war ein Segen für das Sägewerk. Er, der Problemlöser, brachte es auf Vordermann, das Wasserwerk, ein Kran, eine neue Hobelmaschine, das Trockenlager, die Hackschnitzelheizung – alles Investitionen und Verbesserungen zum Wohl der Firma.
Helmuts Arbeitsbereich ist der Technische und Handwerkliche, das macht er zusammen mit unserem angestellten Säger. Ich bin für das Büro zuständig: Papierkram und Kundenbe-ratung, das ist meine Lieblingsaufgabe. Neben Schnitt- und Hobelware verkaufen wir Farben, Brennholz, Terrassen, jeglichen Zubehör und Fußböden, überwiegend Holzböden, aber auch Laminat- und Kunststoffböden. Am liebsten würde ich ausschließlich Naturmaterialien verkaufen – geht aber nicht, der Rubel muss schließlich rollen, Aufträge müssen erfüllt werden.
Es gibt nichts Schöneres als einen Holzboden, dessen Struktur man spürt, wenn man barfuß darüber schlendert; oder ein Holzhaus, dessen Wände eine so wohlige Wärme abgeben; oder ein Schlafzimmer, das nach Holz duftet. Ganz egal, ob man das bewusst wahrnimmt oder unbewusst: Man lebt darin und fühlt sich wohl.
Manchmal bin ich skeptisch und frage mich: Wozu das Ganze? Unsere beiden Söhne haben andere Berufe – wozu in die Zukunft investieren? Meistens aber sind wir recht gelassen, alles andere bringt ja nichts. Es wird sich schon ein Nachfolger finden.
Hoffentlich. Mir selbst bedeutet es so viel. Ich mag es so gerne, Haus und Hof zu bewirtschaften, Bretter aufzurichten, Sägespäne zusammenzukehren. Ich mag unser Konzept.
Wir arbeiten fast ausschließlich mit Holz, benutzen alternative Energien, ein Bioschmieröl, das in die Erde tropfen darf und keine Fische umbringt. Ich genieße es, dass die Leute zu mir in den Laden kommen, etwas von mir brauchen und dass ich ihnen helfen darf und kann. Nämlich mit Holz. Es gibt nichts Schöneres als einen Holzboden, dessen Struktur man spürt, wenn man barfuß darüber schlendert; oder ein Holzhaus, dessen Wände eine so wohlige Wärme abgeben; oder ein Schlafzimmer, das nach Holz duftet. Ganz egal, ob man das bewusst wahrnimmt oder unbewusst: Man lebt darin und fühlt sich wohl.